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Es werden Posts vom Juni, 2016 angezeigt.

Architektur und Gemüse 9

Tension Das, was mich beim Gang über die Messe bewegt, ist die Spannung, die zwischen dem „Brandneuen“ auf der Messe und den artifiziellen „Beharrungstendenzen“ herrscht, die eine Diskussion über den gestalterischen Umgang mit der Fläche prägen. Deutlichstes Zeichen wären Bürgersteige , die mit großer Emsigkeit in die Dörfer gebracht werden oder die bewusst gestaltete  Dorfmitte, die eh' keinen Sinn mehr macht, weil marktwirtschaftliche Zentrifugalkräfte alles an den Rand gewirbelt haben. "Baut Euer Gasthaus doch ins Industriegebiet!", möchte ich rufen - aber da wird wohl der kuratorische Eifer der Planer einschreiten.    Da bleibt also allgegenwärtige Ortlosigkeit und Entfremdung des Marktes auf der einen Seite, während auf der anderen Seite Zeitkapseln entstehen, die - gleichermaßen unverständlich - das Neue in der Vergangenheit suchen. Sinnstiftende Heimatkunde kann nirgends besser und leichter praktiziert werden als auf dem Dorf. Bauen ist dort

Architektur und Gemüse 8

Netze Die Verpackungsnetze für Zitrusfrüchte sind farbcodiert. Die flachen, transparenten Plastikschalen, in denen wahrscheinlich auch meine Rispentomaten geruht haben, sind nicht nur am Boden gelocht, sondern auch an den Seiten. Nur so lassen sich Gemüse und Früchte schnell und bis in die Mitte der Verpackung gleichmäßig runterkühlen. „Denken Sie an Trauben, die würden sofort verderben...!“ Wie ein vielarmiger Krake breitet sich in den Hallen der Messe eine umfassende Ernährungsindustrie aus, die sich sonst nur in einem Lebensmittel-Supermarkt oder vielleicht auch noch an den LKWs auf der Straße zeigt. Salat, der am Restauranttisch wächst? Kein Problem. Die   Anzucht der Stecklinge im Gewächshaus - gepaart mit Fischzucht? Alles kein Problem. Im ländlichen Raum entstehen Hybride, die für Design und Planung interessante Optionen bieten und deshalb als dekoratives Beiwerk in das urbane Umfeld diffundieren. Ach, die Zukunft ist schön! Ich gerate mit jedem Schritt, der

Architektur und Gemüse 7

Money Keine Frage: Das Kreditgeschäft in der Landwirtschaft boomt, denn Technik kostet Geld, viel Geld! Die Landwirtschaftliche Rentenbank in Frankfurt am Main berichtet am 28. Januar 2016 auf ihrer Webseite von einer stark gestiegenen Nachfrage nach ihren Förderdarlehen. Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage in der Agrarwirtschaft erhöhte sich das Neugeschäft mit zinsgünstigen Programmkrediten 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 13,8 % auf ein neues Rekordvolumen von 7,8 Mrd. Euro – die wesentlich in das Neugeschäft mit Flächenausweitungen investiert wurden. Gleichzeitig stieg auch der Bedarf an Darlehen zur Liquiditätssicherung landwirtschaftlicher Betriebe. Mit 345,2 Mio. Euro stellte die Bank dafür 2015 erstmals seit fünf Jahren wieder einen dreistelligen Millionenbetrag bereit. In dieser Bilanz zeigt sich das Dilemma eines ländlichen Raums, der als globalisierte Produktions- und Industriefläche irreversibel all das ausmerzt, was klein und fragil und

Architektur und Gemüse 6

Bienen Ich befrage die Hersteller der Gewächshäuser: Ja, der Boom wäre zu spüren. Dann schildern sie mir die Vorteile der unterschiedlichen Systeme. Ich begreife schnell, dass es darauf ankommt, Chancen in der automatisierten Produktion maximal auszureizen: Induktionsschleifen zur Führung von Erntepaletten (die zu bewirtschaftenden Flächengrößen lassen andere Formen der Erschließung und Ernte nicht mehr zu), Reduktion des Wasserverbrauchs (wesentlich, da hier die höchsten Kosten entstehen), automatische Bestäubung in Gewächshäusern durch Rütteln der Pflanzen (geeignet für Regionen, in denen Insekten ob der Hitze ihre Aktivität einstellen). Ich bin sprachlos. Selbst die Bienen werden nicht gebraucht! Andererseits entdecke ich kontinuierlich neue Materialien, die mich interessieren: Bodenanker, Betonstützen, Netze, Folien, verschiebbare Paletten für Tomaten, Anzuchtapparate... Dann ein Höhepunkt aus Südkorea: Ein handgehaltener Scanner, um den Reifegrad von Äpfeln, Me

Architektur und Gemüse 5

Future-Lab Selbstverständlich gibt es in den Hallen auch ein Forum, in dem Innovation diskutiert wird. „Some nine billion people will populate the earth by the year 2050. Nearly 80% will live in cities. How can all these people be fed? Resource-saving, environmentally friendly and sustainable "smart" solutions are the answer. This involves the use of intelligent technologies, vertical farming and the linking of new food systems. Where are the opportunities for today's fresh produce industry?“   Das interessiert mich. Ein niederländischer Gewürzzüchter und die Geschäftsführerin eines niederländischen Beratungshauses postulieren: Wir können die Welt füttern, wenn wir mehr Gemüse essen und außerdem bedeutet Gemüse die entscheidenden Punkte für Gesundheit und Body-Mass-Index: Kein Neandertaler wäre fähig gewesen, ein großes Tier zu jagen und waren Neandertaler fett? Nein! Die Menschen sind Vegetarier und deswegen brauchen wir mehr Glashäuser. „We are the