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Architektur und Gemüse 9

Tension



Das, was mich beim Gang über die Messe bewegt, ist die Spannung, die zwischen dem „Brandneuen“ auf der Messe und den artifiziellen „Beharrungstendenzen“ herrscht, die eine Diskussion über den gestalterischen Umgang mit der Fläche prägen. Deutlichstes Zeichen wären Bürgersteige, die mit großer Emsigkeit in die Dörfer gebracht werden oder die bewusst gestaltete Dorfmitte, die eh' keinen Sinn mehr macht, weil marktwirtschaftliche Zentrifugalkräfte alles an den Rand gewirbelt haben. "Baut Euer Gasthaus doch ins Industriegebiet!", möchte ich rufen - aber da wird wohl der kuratorische Eifer der Planer einschreiten.  

Da bleibt also allgegenwärtige Ortlosigkeit und Entfremdung des Marktes auf der einen Seite, während auf der anderen Seite Zeitkapseln entstehen, die - gleichermaßen unverständlich - das Neue in der Vergangenheit suchen. Sinnstiftende Heimatkunde kann nirgends besser und leichter praktiziert werden als auf dem Dorf. Bauen ist dort zu einfach, das kann entgleisen. Die rückwärtsgewandte Aufarbeitung des „Ländlichen“ durch gestalterische Dorfverschönerung ist nicht hinzunehmen, wenn das unterliegende Unbehagen an der Entfremdung schon in massiven politischen Verwerfungen sichtbar wird. Das geht dann zu Lasten des Ländlichen.  

Das stimmt doch gar nicht, denke ich auf der Messe. Wir reden auf dem Land doch über einen modernen Raum, der überall und kontinuierlich soziale, technische und gestalterische Innovation hervorbringt, über deren Möglichkeiten wir aber nicht nachdenken können, weil wir sie häufig gar nicht sehen. Weil wir sie nicht sehen, können wir damit nicht arbeiten. Weil wir damit nicht arbeiten, ist es so wie es ist: Die Stadt darf sich nicht vorstellen, wie der Ländliche Raum aussehen soll, die soll sich lieber ansehen wie er aussieht! Eine Messe wie die Fruitlogistica bietet diese Möglichkeit.

Kommentare

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